Erzähl doch mal …
Mit meinen Eltern und fünf Geschwistern lebte ich in einer Kleinstadt im Norden des Irak.
Wir waren Teil einer großen jesidischen Gemeinschaft. Alle kannten sich und haben sich gegenseitig geholfen. Im Sommer lebten alle draußen vor den Häusern. Am Abend stellten wir unsere Betten hinaus und schliefen unter freiem Himmel. Ich hatte einen Lieblingsonkel, der mich gerne ein wenig verwöhnte. Heimlich steckte er mir etwas Geld zu, und ich kaufte auf dem Markt Maischips und kleine Schokoladen, die ich mit den anderen teilte.
Bis zum 03.08.2014 lebten wir glücklich.
In dieser Nacht wurde ich wach vom Getöse explodierender Bomben, und der Himmel schien zu brennen. Ich weinte laut, denn ich hatte große Angst. Ohne Schuhe liefen wir hinaus. Aber meine Oma und mein Opa blieben im Haus, denn sie konnten nicht mehr richtig gehen. Viele Menschen sammelten sich an einem Fußballplatz. Diejenigen, die Autos hatten, nahmen Andere mit. Wir sollten in die Berge fliehen.
Als wir dort ankamen, bekamen wir einen großen Schrecken. Wir hörten, dass Soldaten vom IS, das Auto mit meinem Onkel und meinem Cousin und meinen drei jüngeren Geschwistern angehalten und sie alle mitgenommen hatten. Meine Geschwister konnten aus dem Lager des IS weglaufen. Als sie zu uns kamen, trugen sie muslimische Kleider. Die Soldaten hatten ihnen auch muslimische Namen gegeben und sie Gebete gelehrt.
Es passierten so schreckliche Dinge, dass wir uns nicht mehr trauten, nach Hause zu gehen. Viele Monate lebten wir in einem Zeltlager – wenn es regnete, wurden die Zelte weggeschwemmt, und in der Sommerhitze konnten sie in Brand geraten.
Schließlich hörten wir, dass es Menschen gelungen war,über die Türkei und Griechenland nach Westeuropa zu fliehen. Verwandte erzählten uns von Deutschland. Meine Mutter war sehr mutig. Sie hat den gefährlichen Weg mit uns sechs Kindern gewagt. Mein Vater konnte erst zwei Jahre später nachkommen.
Nun lebe ich seit 6 Jahren mit meiner Familie in Köln und gehe hier zur Schule. Wir sind so froh, dass wir ein neues sicheres Zuhause gefunden haben.
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