Pfarrnachrichten
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Im Gespräch mit Gregor Weber, Thomas Reuber, Bärbel Müller-Platz, Michael Schmitt, Michael Schmohl

Ostern experimentell bildet eine wichtige Säule in der Gestaltung des Osterfestes in unserer Gemeinde.
In diesem Jahr tritt ein neues Team auf die Bühne und taucht die Liebfrauenkirche in ein buntes, musikalisches,theatrales und politisches Licht – neue Horizonte.

Herr Weber, nach dem Weggang von Herrn Weinhag – wie setzen Sie das Thema nun anders um, welche neuen Horizonte eröffnen Sie?

Bis zum letzten Jahr hat Herr Weinhag die gesamte Dramaturgie übernommen und Texte übersetzt, meist aus dem AT, durchaus auch kritische über Liebe, über Beziehungen. In diesem Jahr mache ich wie immer die Regie und habe Texte um- und in Szene gesetzt, mit den Leuten aus der Gemeinde, die mitmachen wollten. Thomas Reuber, der Organist und Chorleiter hier, hat mit dem Chor „Unerhört harmonisch“, das christliche Musical, „Godspell“, aufgeführt. Er hat eine vorhandene Fassung adaptiert, diese hat er dann bearbeitet, und das wird jetzt ein Hauptteil des Ganzen an den beiden Abenden, die wir bespielen. Dazwischen habe ich Textblöcke gestaltet, die ich mit Kaplan Michael Schmitt gemeinsam entwickelt habe. Wir haben uns dafür entschieden, das Ganze ein bisschen politischer anzulegen, d.h. es geht um Kapitalismus im weitesten Sinne.

Geht es um Kapitalismuskritik? 

Wenn man über Kapitalismus spricht, in der heutigen Zeit, kommt man nicht unpolitisch weg. Wir haben das Ganze geklammert mit einem Prolog über Kapitalismuskritik und einer Art von modernen Auszügen aus dem Matthäus-Evangelium, denn Matthäus war, jetzt aus seiner Sicht der kritischste und der sozialste, politischste der Apostel. Dazwischen habe ich dann Texte platziert, die durchaus politisch sind, weil wir natürlich über die letzte Generation arbeiten, Klimawandel, Klimakleber und Gegenstimmen dazu oder auch eigene Stimmen, das habe ich alles entwickelt. Haben Sie die Texte alle selber gestaltet? Die habe ich zum Teil selber recherchiert aus Medien und Presse, habe aber auch zum Teil dialogisch einfach Passendes rein geschrieben und auch sehr kritische Stimmen ergänzt, wie: Die gehören in den Knast! Ich habe aber auch Stimmen hinein gebracht, die Verständnis haben für die Anliegen der Klimakleber.

Was hat Sie denn aufgrund Ihrer Vita gereizt, diese Aufgabe zu übernehmen?

Was ich einfach mag – mit anderen Leuten, die Interesse an Theater haben, Sachen zu erarbeiten, die jetzt nicht direkt vom Fach sind, die nicht eine mehrjährige Ausbildung haben, wo ich also bestimmte Sachen nicht voraussetzen kann, also sprich eine ausgebildete Stimme oder dass die einfach wissen, wie das Ganze zu gehen hat, wie sie sich zu bewegen haben, die eben Spaß an der Sache haben. Es geht gar nicht darum, das habe ich am Anfang tatsächlich mal gedacht, dass die Regie hundertprozentig funktionieren muss, das funktioniert so nicht. Ich habe grundsätzlich eine große Neugierde für verschiedenartige Projekte, über den Tellerrand zu schauen.

Wir haben ja jetzt das Thema Horizonte, was gibt es Neues zwischen Himmel und Erde, kommt das ein bisschen zum Tragen, Ihre Neugierde, etwas anders zu gestalten?

Das Thema Horizonte, das wäre auch was für die katholische Kirche, darüber nachzudenken, dass man da auch andere Horizonte öffnen kann, die Leute interessieren sich auch ganz anders, gut, manche haben sich jetzt über das Thema aufgeregt, was wir da politisch machen, aber junge Leute wird und muss das anziehen. Und das ist also Ihr Ziel, etwas zu bewegen in der Katholischen Kirche, dass Menschen sich wieder interessieren, neue Wege zu gehen? Ja genau, das würde ich auch gerne anbieten, hier ist ja eine Großgemeinde, dass man mit Kulturarbeit hier anfängt, aber das ist gar nicht so einfach, sage ich Ihnen. Ich bin hier jetzt ja bekannt, aber es ist eben auch wirklich schwierig, die Finanzierung, man denkt eben, die Kirche hat Geld, da oben ist zwar noch was, aber hier unten kommt nichts mehr an, und dann wird auch noch gekürzt, aber auf der anderen Seite, viele halbleere Kirchen hier, warum nicht halbjährlich oder jährlich eine Kirche als Kulturkirche Ostern experimentell bildet eine wichtige Säule in der Gestaltung des Osterfestes in unserer Gemeinde. In diesem Jahr tritt ein neues Team auf die Bühne und taucht die Liebfrauenkirche in ein buntes, musikalisches, theatrales und politisches Licht – neue Horizonte. zu definieren und da dann Kultur zu machen. Das wäre auch ein Horizont, könnte ich mir vorstellen, da müsste man drüber reden, der Herr Wagner ist ja eigentlich sehr offen. Wenn wir jetzt noch mal auf unsere neue Stückkonzeption gucken, die ja im Zwischenteil sehr chorische und sehr musicalmäßige Elemente hat, die auch eher leichter daher kommen, und der Text ist auch auf Englisch gesungen, d.h. man wird eh nicht alles verstehen können, aber das ist dann eben manchmal so in der Kunst, und wir haben uns sozusagen als Horizont oder als Erweiterung des Ganzen das so vorgestellt, dass wir weniger Vorgefertigtes benutzen, sondern mehr zusammen entwickeln, aber auch einen Rückblick wagen, d.h., dass wir das Ganze aktueller machen.

Herr Weber, ich danke Ihnen für das Interview!  
Herr Reuber, das Thema unserer Ausgabe heißt Horizonte – Innovation, Erneuerung – welche Horizonte wurden eröffnet?

Grundsätzlich ist die Idee seit einigen Jahren, drei Schwerpunkte zu bilden, und das hat sich, finde ich, sehr bewährt: wer das Klassische liebt, geht in die eine Kirche, wer es familienfreundlich haben möchte, geht in die andere und wer Lust hat, ein bisschen zu experimentieren, kommt nach Liebfrauen. Das Ganze ist sehr geprägt durch lange Jahre mit Christian Weinhag, aber jetzt haben wir, d.h. der Regisseur, Frau Feithen, Michael Schmitt und ich ja die Herausforderung, aber 26 27 KULTUR auch Gelegenheit, wieder neu zu „experimentieren“, und so ist jetzt eine etwas andere Kombination entstanden: Chor und Band zwar immer schon dabei, aber dadurch dass wir diesmal ein christliches Musical Godspell ins Zentrum gestellt haben, hat sich die Theatergruppe mit den Texten dazu Gedanken gemacht, und so ist diese Kombination- Musik und Text gleichberechtigt im Zentrum schon wieder etwas wirklich neues Experimentelles. Dies macht aber auch Sinn und Freude und ist nach anfänglichen Verwirrungen und vielen Fragezeichen genau richtig auf dem Punkt zusammengekommen!

Frau Müller-Platz, was verbinden Sie mit „Ostern experimentell“?

In der Osternacht wurden oft 7 lange Lesungen aus verschiedenen Büchern des Alten Testaments verlesen, hinführend auf Ostern. In „Ostern experimentell“ sahen wir von Beginn an den Versuch, die Karwoche und das Osterfest aus dieser ziemlich erstarrten Form herauszuheben und biblische, alttestamentarische Inhalte in neuer Form, wie in einem mittelalterlichen Mysterienspiel, den Gottesdienstbesuchern nahezubringen. Eine Besonderheit entwickelte sich – die ganze Gottesdienstgemeinschaft wird einbezogen. Aktive Teilhabe statt passiver Teilnahme. In diesem Jahr 2024 wird nun die Person Jesus von Nazareth in den Mittelpunkt gesetzt. Vielfach mit verschiedenen Akzenten verfilmt ist Jesus bei uns ein sozialkritischer Geist seiner Zeit – übertragen auf unsere heutige Zeit und eingebettet in unsere Kritik der politischen Zustände. „Ostern experimentell“ sehen wir also als immer neue Versuche, dem wiederkehrenden Hochfest neue Impulse zu geben. Dank an alle, die solche Versuche ermöglichen.

Herr Kaplan Schmitt, wo sehen Sie die Neuerungen bei diesem Projekt?

Neu ist vor allem erst mal, dass Christian Weinhag zum ersten Mal nicht mehr dabei ist, der ja das ganze Projekt hier in Liebfrauen aus der Wiege gehoben hat, und deshalb Stefan Wagner und ich etwas mehr gefordert sind, dadurch, dass wir erst mal rein personell einen Neuanfang machen. In diesem Jahr ist eben das Besondere, dass die Musik einen viel stärkeren Part einnimmt. In den vergangenen Jahren war das eigentlich so, dass die Musik begleitend war, Herr Weinhag hat meist mit alttestamentarischen Texten gearbeitet, und jetzt gibt eben die Musik im Grunde das Thema vor, in diesem Jahr Godspell, und Godspell ist orientiert am MatthäusEvangelium, und das Matthäus-Evangelium gibt uns gewissermaßen den Leitfaden vor, wie wir es textlich gestalten, das Matthäus-Evangelium ist ja, wenn man so will, das sozial-kritischste aller Evangelien, bei Lukas, dem Evangelisten, geht es mehr um die heilende Kraft Jesu, und jetzt beim Matthäus-Evangelium ist z.B. das Zentrum die Bergpredigt , die Seligpreisungen, Licht der Welt, das Vaterunser, das sind so die wesentlichen Bestandteile, Feindesliebe, und daraus haben wir uns also jetzt die Texte überlegt, die damit korrespondieren könnten.

Herr Schmohl, Sie haben ja jetzt eine tragende Rolle hier als Solist.

Ja, genau, ich singe den Jesus. 

Worin sehen Sie das Innovative dieses Projektes, das jetzt auf eine ganz andere Weise gestaltet wird?

Es ist endlich mal was Anderes , es hilft, die verkrusteten Strukturen in der katholischen Kirche aufzubrechen und mal was Neues zu versuchen, da wird man ja nicht drum rum kommen, wenn das Ganze noch weiter existieren soll und auch junge Leute anziehen soll.

Herr Reuber, Frau Müller-Platz, Herr Schmitt, Herr Schmohl, ich danke Ihnen für das Interview!

Dieses Interview führte Martina Allisat

Foto: Silke Grimm



 

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