Erzähl doch mal …
Ich bin in Shingal aufgewachsen, einer Kleinstadt im Irak.
Meine Mutter und ihre Schwägerin lebten zusammen. Beide hatten zwei Kinder: meine Schwester und ich wuchsen mit unseren Cousins auf wie Geschwister. Unsere Väter waren getötet worden. Ohne einen erwachsenen Mann als Hilfe war das Leben für unsere Mütter schwer.
Wir waren sehr arm. Auf einem kleinen Stück Land bauten wir Gemüse an und hielten einige Tiere. Wir konnten selbstgemachten Joghurt und Eier verkaufen. Mein Großvater war der Vorsteher unserer jesidischen Gemeinschaft und feierte die Zeremonien. An größeren Festen bekamen wir Unterstützung vonLeuten aus der Dorfgemeinschaft – sie schenkten uns Kleidung und etwas Geld.
Ich kümmerte mich um die Hühner und Gänse und Schafe. Sie waren meine Spielgefährten. Den Hühnern gab ich Namen – manchmal trug ich sie mit mir herum, so wie andere Mädchen mit ihren Puppen spielten. Die Gänse mochte ich besonders; ich tat so, als seien sie meine Kinder: sie saßen in meinem Schoß, und ich liebkoste sie.
Wenn ich die Lämmchen fütterte, spielte ich ‚Schule‘ oder ‚Zirkus‘ mit ihnen – mit einem Stöckchen stupste ich eines nach dem anderen behutsam an und sie tapsten dann nacheinander zur Futterschale.
Das Beste aber war, wenn mein Cousin mich auf dem Traktor mitnahm. Ich war sehr stolz, als ich gelernt hatte, auch selbst damit zu fahren.
Jetzt lebe ich mit meiner Familie in Köln und besuche mit anderen erwachsenen Frauen die Tages- und Abendschule, um einen Schulabschluss zu machen.
Ich habe einen Traum – ich möchte als Busfahrerin arbeiten.
Hoda