Pfarrnachrichten
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Am 01.03.2020 bin ich zusammen mit Freunden in San Francisco auf ein Kreuzfahrtschiff gegangen. Unsere Reiseroute sah vor, dass wir entlang der Pazifikküste verschie- dene Ausflugsziele zuerst in den USA und dann in den auf Mexiko folgenden mittelamerikanischen Ländern besuchen, bevor wir den Panamakanal passieren, noch einige Tage in der Karibik verbringen und am 27.03 von Miami nach Frankfurt zurückfliegen.

Vor unserem Abflug war „Corona“ durch die Vorkommnisse in Bayern und Heinsberg natürlich auch in Deutschland schon ein wichtiges Thema gewesen, aber wir konnten nicht ahnen, wie sehr es unseren gesamten Reiseverlauf beeinflussen würde.

Die ersten 10 – 12 Tage unserer Reise verliefen mit schönen Landgängen nach Plan, bis uns die Nachricht erreichte, dass El Salvador uns keinen Landgang erlauben würde. Von da an begann für die Reiseleitung an Bord und in Deutschland eine sehr arbeitsintensive Zeit, die bis zum Ende unserer Reise dauern sollte.
Über die fortschreitende Entwicklung der Corona-Pandemie in Deutschland und weltweit waren wir sowohl durch die Reiseleitung, als auch durch die Tagesschau an Bord und eine kleine tägliche Zeitung immer aktuell informiert, und damit begannen natürlich auch unsere Sorgen, wie es wohl für uns weiter gehen könnte. Die Reiseleitung hat uns immer zeitnah, genau und ohne Beschönigung informiert, was mir persönlich sehr geholfen hat.

Zuerst erstellte die Reiseleitung also neue Pläne, wo wir alternativ von Bord gehen könnten, um Ausflüge zu machen. Diese Pläne waren aber, kaum fertig, wieder vom Tisch, da ein Land nach dem anderen auf unserer Route uns den Zutritt verwehrte. Somit bestand auch keine Möglichkeit mehr für einen Rückflug, weder wie geplant ab Miami, noch eventuell mit Hilfe der Bundesregierung.

So haben wir also am 15.03. in Nicaragua für diverse Ausflüge das Schiff zum letzten Mal verlassen! Unser großes Glück war, dass wir weder einen Corona-Verdachtsfall, noch eine akute Erkrankung an Bord hatten. Somit waren wir für die kommende Zeit auf einer sicheren „schwimmenden Insel“. Trotzdem wurden die Nachrichten von zu Hause natürlich immer bedrückender.

Nach umfangreichen Planungen hat die Reiseleitung entschieden, dass wir auf unserem Schiff nach Deutschland (Bremerhaven) zurückkehren, und das bedeutete 17 Tage non-stop-Seereise!
Am 18.03. haben wir planmäßig den Panama-Kanal passiert, ein großartiges Erlebnis. Vorher wurden in Panama City auf See 500 Tonnen (!) Treibstoff aufgenommen und nochmals tüchtig Proviant. Wir waren ca. 500 Passagiere und 300 Frauen und Männer Besatzung an Bord. Da waren gut gefüllte Vor- ratskammern notwendig. Auf der ganzen Rückreise hat nichts Wesentliches gefehlt.

Wie gestaltet sich nun eine so lange Seereise? Für jeden Tag wurde von der Reiseleitung ein umfangreiches Tagesprogramm erstellt, in dem jeder für seinen Geschmack etwas finden konnte: Vorträge, Sport, Spaß, Spiel, ein Gästechor, (wir haben Shantys geschmettert), jeweils ein Abendprogramm. Ich war so viel wie möglich draußen an Deck und habe dieses Bild von nur Himmel und Wasser tief in mich aufgenommen. Es war ein einmaliges Erlebnis.

Zuerst war unklar, ob wir in Deutschland in Quarantäne müssten. Aber unsere 17-tägige Rückfahrt in „Edel-Quarantäne“ mit Vollversorung und Bordfriseur (!) hat uns dies erspart. Als das klar war, konnte ich die Rück- fahrt genießen. Allmählich sickerten dann die Anforderungen seitens der Hafenärztin in Bremerhaven durch: wir müssten alle mit Maske von Bord gehen! Diese waren zwar bekanntlich schon an Land nicht zu haben, und wo sollten wir die geforderten 2 Masken pro Person bitte hernehmen?
An Bord war ein ZDF-Team für Dreharbeiten für eine „Traumschiff“- Folge, und dazu gehörten 2 Kostümschneiderinnen. Die Damen haben ihre Nähmaschinen auf ein Deck gesetzt, es gab einen Aufruf zum Zuschneiden und Nähen, die Passagiere waren fleißig und haben die gewünschte Anzahl Masken aus Tischdecken und Servietten geschneidert. Zusätzlich hat die Mannschaft noch Staubmasken zur Verfügung gestellt.
Weitere Anforderung der Hafenärztin: am vorletzten und letzten Tag der Reise mussten alle, Passagiere und Mannschaft, zum Fiebermessen erscheinen. Auch dafür hatte der ausgezeichnete Schiffsarzt genügend medizinische Ausrüstung an Bord.

Am 02.04. sind wir glücklich in Bremerhaven angekommen, haben unsere Masken aufgesetzt, sind im Gänsemarsch mit 2 m Abstand unter der gestrengen Aufsicht von vielen Polizisten durch das Hafengebäude marschiert, in die bereitstehenden Busse gestiegen und nach Hause gebracht worden.

So weit die Fakten. Ein paar Nachgedanken:
In Nicaragua fand ich es sehr bedrückend, wenn die sehr gut deutsch sprechenden örtlichen Reiseleiter uns baten, doch bald ihr Land wieder zu besuchen, wohl wissend, dass sie nach diesem touristischen Auftrag auf unbestimmte Zeit arbeitslos sein würden.
Die Mannschaft an Bord besteht zum größten Teil aus Philippinos. Was wird aus ihnen, nachdem auf nicht absehbare Zeit alle Kreuzfahrten abgesagt sind? Wie können sie ihre Familien zu Hause unterstützen, denn dafür machen sie diesen Job?
Wir kamen zwar in völlig ungewohnte Gegebenheiten zurück, die immer noch andauern und hoffen alle, nicht zu erkranken. Aber unsere Reisegruppe kam gesund in gesicherte Verhältnisse zurück, und dafür kann ich nur sehr dankbar sein.

Text: Helga Weiß



 

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